Bild: USActivities

Jedes Mal, wenn ich nach Key West gekommen bin habe ich mich darüber gewundert, dass man überall auf der Insel freilaufende Hühner sieht. Sie gackern und führen ihre watschelnden Küken aus. Sie scharren und picken unter den Tischen in den Gartenlokalen und sie laufen auf den Straßen herum, ohne sich um den regen Verkehr zu kümmern, wohl wissend, dass ihnen nichts geschieht.

Viele Leute betrachten diese gypsy chickens als eine wichtige Verbindung zu Old Key West und sehen die Hühner als Teil des Charmes der guten alten Zeit auf der Insel. Und ebenso viele Leute sagen, dass die Hühner ein allgemeines Ärgernis sind, die dazu auch noch die öffentliche Gesundheit gefährden. Es entwickelte sich eine hitzige Debatte, und die Stadtverwaltung hatte den Schwarzen Peter, einen Plan zu ersinnen, wie man das Problem Hühner auf Key West in den Griff bekommen kann. Es entspann sich ein regelrechter Hühnerkrieg.

Das Federvieh wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Kuba nach Key West gebracht. Damals waren Hühner dort das große Geschäft. Spanische und portugiesische Seefahrer brachten eine philippinische Kampfhuhnrasse mit nach Kuba. Züchter kreuzten diese Philippinenhühner mit einheimischen Tieren. Aus dieser Kreuzung entstanden die großen und aggressiven Cubalaya.

Nach der Weltwirtschaftskrise von 1857 kamen die ersten Kubaner nach Key West, das nur 90 Meilen weiter im Norden liegt. Sie brachten ihre Passion für den Hahnenkampf und ihre Hühner mit, die sie aber auch mit Fleisch und Eiern versorgten. Und viele Kubaner folgten, angezogen durch die Zigarrenmanufaktur des Spaniers Vicente Martinez-Ybor, der nach den Kriegswirren 1869 Kuba verlassen hatte, um sich zunächst in Key West niederzulassen. Bis zum Jahr 1890 bestand nahezu die Hälfte der Bevölkerung von Key West aus Kubanern. Und sie brachten alle ihre Hühner mit.

Im Laufe der Zeit wurde die Haltung von Hühnern für die Haushalte entbehrlich, da man sich mit Fleisch und Eiern auf lokalen Märkten versorgen konnte. Dazu kam, dass der Hahnenkampf, dieser blutrünstige "Sport", gesetzlich verboten wurde. Glück für die Cubalaya. Die glücklichen Hühner wurden freigelassen und wanderten von nun an auf den Straßen von Key West frei umher. Sie vermehrten sich lustig weiter und ihre Population wuchs auf über 2.000 Exemplare an.

Dazu kamen noch die einheimischen Hühner, die lange Zeit in den Hinterhöfen in ihren Ställen eingepfercht waren. Viele ihrer Besitzer verließen Key West, um woanders ihr Glück zu machen. Sie ließen ebenfalls die Tiere frei. Einheimische Hennen und die Cubalayas vertrugen sich so gut, dass ein weiterer Bevölkerungsschub nicht lange auf sich warten ließ.

 

Natürliche Feinde waren nur wenige da: Raubvögel und streunende Katzen.

Diese Entwicklung wurde letztendlich zum Problem, dessen man nicht Herr zu werden drohte. Die Hinterlassenschaften der Hühner wurden für die Verunreinigung des Wassers am Strand verantwortlich gemacht. Mediziner sagen, dass eben diese Hinterlassenschaften Parasiten und Krankheitserreger beinhalten. Asthmatiker sollen sich sowieso von den Hühnern fern halten. Und einen guten Rat für Cabrio-Fahrer gibt es noch kostenlos dazu: Schließen Sie Ihr Verdeck, wenn Sie das Auto parken! Diese Vögel können erstaunlich gut fliegen, setzen sich gerne in die Bäume und verzieren freundlicherweise Ihr Auto aus der Höhe. Ihre Treffsicherheit ist dabei unübertroffen.

Aufgrund zahlreicher Beschwerden aus der Bevölkerung hat die Stadt dann Versuche unternommen, die Anzahl dieser frei herumlaufenden Hühner zu reduzieren. Unter anderem hat man beschlossen, einen Chicken Catcher einzustellen, der die Tiere einfangen und auf das Festland zu einer Farm für freilaufende Hühner bringen sollte. Es wurde aber gemunkelt, dass die Hühner nicht dorthin kamen, sondern statt dessen getötet wurden. Das brachte wiederum die Tierschützer auf die Bühne. Also hat man die neu geschaffene Stelle des Hühnerfängers wieder gestrichen.

Wie auch immer. Mittlerweile ist das Federvieh vor Verfolgern sicher und sie scheinen das auch zu wissen, denn die Tiere stolzieren über die Straßen von Key West und halten den Verkehr nach wie vor auf und krähen und gackern den ganzen Tag. Ist doch süß. Oder?

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